Gehören Sie zu den begeisterten Intuitiv-Nutzern? Sie haben sich zum Beispiel einen neuen CD-Spieler gekauft. Zuhause angekommen, packen Sie das gewichtige Stück aus und fangen gleich an, die Kabel überall dort reinzustecken, wo es passt. Und siehe da, Sie können das Gerät einschalten, es leuchtet und gibt Lebenszeichen von sich! Sofort wollen Sie eine CD abspielen, aber hier klappt irgendetwas nicht. Genauer gesagt, Sie hören keine Musik, nur ein seltsam verdruckstes Brummen, so eine Art Klangverweigerung.
Echte Intuitiv-Nutzer hören jetzt nicht mit Versuch und Irrtum auf. Ihr Kampf hat gerade erst begonnen. Lieber verzichten sie auf die volle Nutzung aller Funktionen, als sich der demütigenden Lektüre der Gebrauchsanleitung zu unterwerfen. Erst Jahre später werfen sie beim Ausmisten vielleicht einen neugierigen Blick in die vergilbte Gebrauchsanleitung, um dann erstaunt festzustellen: „Ich hätte ja …“
Was ist der Mensch? Eine komplizierte Maschine? Ein Computer? Oder ein rätselhaftes Wesen mit unergründlichen Betriebsgeheimnissen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Der Traum von der totalen Kontrolle führt zu unmenschlicher Konditionierung, zur Vergegenständlichung des Lebendigen. Doch auch das Vertrauen auf eine sich selbst ordnende und selbstheilende Natur hat etwas Problematisches, und zwar dann, wenn es der Mensch versäumt, sich seines eigenen Störpotenzials bewusst zu sein.
Die Natur ist von selbst aktiv. Erwachsene müssen Kindern nicht das Spielen lehren, und der Drang, vitale Bedürfnisse zu befriedigen, braucht keinen künstlichen Anschub. Doch der Mensch hat die Freiheit, den Fluss der natürlichen Kräfte zu stören. Und gerade hier kommt selbstverantwortliches Lernen ins Spiel. Der Mensch braucht Bewusstsein von sich selbst und er braucht die Fähigkeit, mit sich auf förderliche Weise umzugehen. Er muss sich gewissermaßen selbst eine Gebrauchsanleitung schreiben – und lernen, sich danach zu richten.
Nehmen Sie zum Beispiel den Atem. Die Atmung brauchen Sie nicht lernen, das Atmen allerdings schon. Denken Sie an den Gebrauch, den Sie von Ihren motorischen Potenzialen machen. Oder an den Gebrauch, die Sie von Ihrem Denken, Ihrer sensorischen Sensibililtät oder Ihrer emotionalen Vitalität machen. Ein Potenzial zu haben und es recht zu gebrauchen, ist nicht dasselbe. Den stimmigen und effizienten Gebrauch unserer natürlichen Potenzialen können wir weder den Strategen der totalen Selbstkontrolle noch den ungelernten Intuitiv-Nutzern überlassen.
Daher meine Bitte: lesen Sie Gebrauchsanleitungen. Machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen. Lernen Sie! Und dann schreiben Sie sich mit der Zeit Ihre Anleitungen selbst.