Um zu verdeutlichen, wie ein gelingendes Zusammenspiel von Fühlen und Denken möglich werden könnte, möchte ich zunächst etwas über die Rolle der Bewegung für das Gefühlsleben sagen. Schauen wir auf die beiden Funktionen von Gefühlen Information und Motivation und fragen, welchen Einfluss Bewegung auf die Verwirklichung dieser Funktionen hat.
Bekanntlich ist es möglich, Gefühle zu übersehen, zu unterdrücken, zu verdrängen. Bei all diesen Verdrängungsprozessen gleich welcher Ursache spielt der Körper eine wichtige Rolle. Da Gefühle von selbst auftauchen und sich mit einiger Intensität in die Aufmerksamkeit drängen, ist es aufwändig, Gefühle, die man einmal deutlich wahrgenommen hat, anschließend zu ignorieren. Wenn man wirklich sicher gehen will, dass die lästigen Signale der Gefühle den gewohnten Gang der Dinge nicht stören, ist es weitaus wirksamer, dafür zu sorgen, dass man sie erst gar nicht wahrnimmt. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Wenn Sie beispielsweise Ihre Atmung übermäßig kontrollieren, beschränken Sie die vertiefte Atmung, die mit Gefühlen wie Ärger, Schmerz oder Freude einhergeht. Dadurch wird es fast unmöglich, diese starken Gefühle überhaupt differenziert zu erleben. Wenn Ihre Bewegungen im Korsett angestrengter Muskelkoordinationen stecken, fühlen Sie sich selbst nicht so deutlich. Die sensorische und emotionale Wahrnehmung ist weniger intensiv. Bin ich wütend? Ach nein, nur etwas verwundert? Bin ich enttäuscht? Ach was, das ist schon in Ordnung. Sich selbst weniger zu fühlen, ist oft ein schrittweiser Prozess, ähnlich dem allmählichen Grauerwerden einer Fensterscheibe. Erst wenn man wieder Klarheit herstellt, erkennt man, worauf man die ganze Zeit verzichtet hat.
Das ist der Grund, warum umgekehrt eine Verbesserung der Bewegung die Wahrnehmungsfähigkeit steigert und dann zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber Gefühlen führt. Wer beweglicher ist, wird sich nicht nur beweglicher fühlen, sondern auch offener, freier und lebendiger. Wir dürfen nicht vergessen, dass Fehlspannungen nicht nur mit unangenehmen Körperempfindungen einhergehen, sondern auch Gehirnleistung binden. Es ist nicht nur körperlich, sondern auch geistig anstrengend, sich ungünstig zu bewegen.
Bewegung beeinflusst nicht nur die sensorische Sensibilität, sondern ist auch an der motivierenden, energiegebenden Funktion von Emotionen direkt beteiligt. Denn natürlich empfindet ein Mensch, der sich in seinem Körper zu hause fühlt, der motorisch handlungsfähiger und energievoller ist, weniger Angst und Unsicherheit, dafür mehr Selbstvertrauen und Mut. Er wird sich mehr zutrauen und leichter zu sich stehen, er wird fähig sein, sich den Raum zu nehmen, den er braucht. Emotionen geben uns eine mächtige Antriebsenergie, wenn wir jedoch diese Energie nicht in gute Bewegungsbahnen lenken, kann es passieren, dass wir aus der Kurve fliegen oder gar nicht erst in Gang kommen.
Wenn Sie sich zum Beispiel an eine Aufgabe heranwagen, die Sie besonders reizt, die Ihnen aber auch einiges abverlangt und vielleicht auch etwas Angst macht, dann brauchen Sie nicht nur Ihre emotionale Motivation, um zum Erfolg zu kommen, sondern auch die Fähigkeit, Ihre positive psychische Energie in effiziente Bewegung zu übersetzen. Der Körper ist das Organ der Verwirklichung, er ist ein Instrument, das unsere Absichten zum vollen Ausdruck bringt. Wenn wir es nicht verstehen, mit ihm angemessen zu kommunizieren, bleiben unsere schönen Träume im Ungefähren. In meiner Praxis beobachte ich oft, dass Menschen an sich zweifeln, weil sie nicht das tun, was sie gerne wollen. In vielen Fällen ist die effiziente Energetisierung des Körpers ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Erfolg. Gerade dann, wenn man an eine Sache mit gemischten Gefühlen herangeht, und ein Scheitern durchaus möglich, ist es wichtig, den Einfluss von Angst und Unsicherheit in Grenzen zu halten und sich und seine Energien auf gutes Gelingen auszurichten.
Daher ist es wichtig, Gefühle nicht bloß als psychisches Phänomen zu begreifen (was sie selbstverständlich auch sind), sondern auch als körperliches. Gute Bewegung verbessert die Wahrnehmungsfähigkeit und steigert die Ausdrucks- und Handlungsfähigkeit. Dies kommt unserem emotionalem Erleben unmittelbar zugute.