Archive for the ‘Alexander-Technik’ Category

Das Wie und das Was

Samstag, April 6th, 2013

Im allgemeinen denken die Menschen, dass sich ihre Ziele dann am besten verwirklichen lassen, wenn sie sich mit einer gewissen Konsequenz dem Erreichen dieser Ziele widmen.  Sie nennen das Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit oder vielleicht auch Ehrgeiz. Und wer feststellt, dass er die Ziele, die er sich setzt, nicht erreicht, weil er sie immer wieder aus den Augen verliert, vergisst oder ihnen sonstwie ausweicht, der diagnostiziert sich als inkonsequent, sprunghaft oder undiszipliniert.

Doch wie so oft ist auch hier die Diagnose Teil des Problems. Denn dort, wo ein gewünschtes Ziel nicht erreicht wird, geht es vielleicht eben nicht darum, dem Ziel noch mehr Nachdruck zu verleihen, indem man beispielsweise  „diszplinierter“ oder „konsequenter“ vorgeht. Vielleicht geht es eher darum, die Energie vom Ziel auf die Mittel, vom Was auf das Wie zu lenken.

Denn das Wie ist der nahezu untrügliche Gradmesser des Erfolgs. Wie ich an die Verwirklichung meiner Ziele herangehe, verrät mir bereits, ob ich auf Erfolg hoffen darf. Wenn Sie sich auf ein wichtiges Gespräch vorbereiten, achten Sie einmal darauf, wie Sie dasitzen, wenn Sie sich Gedanken darüber machen, was Sie sagen wollen. Wenn Sie Ihr Stressverhalten ändern wollen, schenken Sie der Art, wie Sie das Problem betrachten, größte Aufmerksamkeit.

Werde ich meine Ziele erreichen? Werde ich es schaffen, x zu tun und y zu lassen? Wenn Sie so fragen, bringen Sie doch einmal Ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Wie. Jedes Ziel, das Sie erreichen wollen, ist bereits jetzt Teil Ihres Lebens und Sie bewegen sich in dieser Sekunde entweder etwas darauf zu oder etwas davon weg. Wollen Sie sich JETZT wirklich etwas darauf zubewegen? Dann können Sie das. Es ist nicht schwer, nur vielleicht etwas ungewohnt.

 

 

 

 

 

 

Merkst du noch was?

Donnerstag, Juni 23rd, 2011

Solange sie klaglos funktionieren, bemerken wir unsere Sinne wenig. Wir beachten sie so wenig wie Fensterscheiben, die wir nicht sehen, weil wir ja auf das achten, was hinter ihnen liegt – nicht merkend, dass wir überhaupt erst durch sie sehen können, was es zu sehen gibt.

Die Grundlage all unserer Urteile und Meinungen sind Sinneswahrnehmungen. Wir hören, sehen, riechen, schmecken, tasten und fühlen – und bauen uns aus diesen Sinnesdaten dann ein Bild von uns und der Welt. Das heißt, wir erzählen uns Geschichten mit einem Anfang, Verwicklungen, Höhepunkten, dramatischen Wendungen und einem mehr oder weniger glücklichen Ende. Wir erzählen und erzählen. Diese Geschichten bereiten die Bühne für uns selbst. Wir sind Akteure in einem Film, den wir selbst produzieren.

Die Einsicht in die Erschaffung der Welt aus der Kraft der eigenen Vorstellung bedeutet jedoch nicht, dass es völlig gleichgültig sei, was und wie wir über uns und die Welt denken. Unsere Geschichten sind nicht alle gleich falsch. So paradox es klingt: wir haben Verantwortung für unsere Geschichten, auch wenn sie stets widerlegt werden könnten.

Eine unserer Verantwortlichkeiten besteht darin, für eine möglichst differenzierte Sinneswahrnehmung zu sorgen. Dazu brauchen wir neben mentaler Offenheit und Wachheit vor allem auch einen geschulten Bewegungssinn, denn die Verfassung unserer Muskulatur hat einen indirekten Einfluss auf die Feinheit vor allem der propriozeptiven, visuellen und vestibulären Sinnesorgane, d. h. auf Körpergefühl, Sehsinn und Gleichgewicht.

Es ist das Verdienst F. M. Alexanders, darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass die Qualität der Sinneswahrnehmung einen starken Einfluss auf unsere Wirklichkeitskonstruktion hat. Verzerrte Sinneswahrnehmungen führen zu falschen Geschichten.  Wenn wir wieder lernen, genauer zu fühlen, was es zu fühlen gibt, dann entdecken wir, wie wenig wir eigentlich über uns und die Welt wissen.

Dieses Nicht-Wissen zu erleben (und auszuhalten) ist befreiend. Und es hilft uns dabei, uns den ungewussten Möglichkeiten des Lebens vertrauensvoller zu öffnen.

Seminar „Leichter gehen, stehen, sitzen“, 29.05.11

Sonntag, Mai 29th, 2011

Wir bewegen uns den ganzen Tag, aber wie eigentlich? Wissen wir, wie wir uns bewegen? Oder verlassen wir uns einfach darauf, dass es so, wie es ist, gut ist? – Wenn Sie anfangen, einen Blick hinter die Kulisse der Selbstverständlichkeit zu werfen, werden Sie Erstaunliches entdecken.

Erstens: Sie bewegen sich so, wie Sie es sich im jeweiligen Moment vornehmen. Der Körper „hört“ auf Ihre Gedanken, Ideen und Befehle. Und zweitens: Vieles davon, was Sie Ihrem Körper mit auf den Weg geben, ist nicht durchdacht, sondern folgt allgemein gängigen, aber recht ineffektiven Ideen von Bewegung und Handlungsgestaltung.

Ein Beispiel: Sie merken, dass Sie beim Schreiben am PC zusammengesunken dasitzen und fühlen sich verspannt. Sie strecken den Oberkörper durch und recken sich in eine „aufrechte“ Position, die Sie dann ein paar Sekunden zu „halten“ versuchen. Nach ein paar Minuten wandert Ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm und im Hintergrund nehmen Sie noch wahr,  dass Sie den Kampf um die aufrechte Position gegen die Schwerkraft verlieren werden. Ein schlechtes Gewissen macht sich breit: „Ich sollte mal mehr Sport machen…“

Wie seltsam, dass Menschen nicht aufhören sich zu korrigieren, auch wenn diese Korrekturen offensichtlich nicht funktionieren. Was ist die Alternative? Drücken Sie nicht das Becken gegen das Gewicht des zusammengesackten Rumpfes nach oben, sondern lassen Sie den Kopf durch sein dynamisches Verhältnis zur Wirbelsäule den Oberkörper in die Aufrichtung führen. Das ist viel einfacher und lässt sich – unter fachkundiger Anleitung – lernen.

Daher meine Empfehlung: Verzichten Sie auf „Korrekturen“, die nicht funktionieren. Sie dienen meistens nur der Selbstbeschwichtigung: „Wenigstens gebe ich mir Mühe…“ Und auch wenn Sie noch keine Alternativen kennen, so ist es doch schon ein Gewinn, sich von der Untauglichkeit vertrauter Vorgehensweisen zu überzeugen. Jeder neue Weg beginnt mit dem Verlassen des alten.

Lesen Sie die Gebrauchsanleitung!

Sonntag, April 17th, 2011

Gehören Sie zu den begeisterten Intuitiv-Nutzern? Sie haben sich zum Beispiel einen neuen CD-Spieler gekauft. Zuhause angekommen, packen Sie das gewichtige Stück aus und fangen gleich an, die Kabel überall dort reinzustecken, wo es passt. Und siehe da, Sie können das Gerät einschalten, es leuchtet und gibt Lebenszeichen von sich! Sofort wollen Sie eine CD abspielen, aber hier klappt irgendetwas nicht. Genauer gesagt, Sie hören keine Musik, nur ein seltsam verdruckstes Brummen, so eine Art Klangverweigerung.

Echte Intuitiv-Nutzer hören jetzt nicht mit Versuch und Irrtum auf. Ihr Kampf hat gerade erst begonnen. Lieber verzichten sie auf die volle Nutzung aller Funktionen, als sich der demütigenden Lektüre der Gebrauchsanleitung zu unterwerfen. Erst Jahre später werfen sie beim Ausmisten vielleicht einen neugierigen Blick in die vergilbte Gebrauchsanleitung, um dann erstaunt festzustellen: „Ich hätte ja …“

Was ist der Mensch? Eine komplizierte Maschine? Ein Computer? Oder ein rätselhaftes Wesen mit unergründlichen Betriebsgeheimnissen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Der Traum von der totalen Kontrolle führt zu unmenschlicher Konditionierung, zur Vergegenständlichung des Lebendigen. Doch auch das Vertrauen auf eine sich selbst ordnende und selbstheilende Natur hat etwas Problematisches, und zwar dann, wenn es der Mensch versäumt, sich seines eigenen Störpotenzials bewusst zu sein.

Die Natur ist von selbst aktiv. Erwachsene müssen Kindern nicht das Spielen lehren, und der Drang, vitale Bedürfnisse zu befriedigen, braucht keinen künstlichen Anschub. Doch der Mensch hat die Freiheit, den Fluss der natürlichen Kräfte zu stören. Und gerade hier kommt selbstverantwortliches Lernen ins Spiel. Der Mensch braucht Bewusstsein von sich selbst und er braucht die Fähigkeit, mit sich auf förderliche Weise umzugehen. Er muss sich gewissermaßen selbst eine Gebrauchsanleitung schreiben – und lernen, sich danach zu richten.

Nehmen Sie zum Beispiel den Atem. Die Atmung brauchen Sie nicht lernen, das Atmen allerdings schon. Denken Sie an den Gebrauch, den Sie von Ihren motorischen Potenzialen machen. Oder an den Gebrauch, die Sie von Ihrem Denken, Ihrer sensorischen Sensibililtät oder Ihrer emotionalen Vitalität machen. Ein Potenzial zu haben und es recht zu gebrauchen, ist nicht dasselbe. Den stimmigen und effizienten Gebrauch unserer natürlichen Potenzialen können wir weder den Strategen der totalen Selbstkontrolle noch den ungelernten Intuitiv-Nutzern überlassen.

Daher meine Bitte: lesen Sie Gebrauchsanleitungen. Machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen. Lernen Sie! Und dann schreiben Sie sich mit der Zeit Ihre Anleitungen selbst.

Tücke des Subjekts

Montag, April 4th, 2011

Haben Sie manchmal den Eindruck, dass Sie sich selbst im Weg stehen? Dass Sie es sich einfacher und leichter machen könnten? Dass nicht der blöde Stuhl an Ihren Rückenschmerzen, nicht der Chef an Ihrem Ärger, nicht das Wetter an Ihrer Laune schuld ist?

“Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.” Dieser herrliche Satz von Ödon von Horvath deutet eine ungemütliche Wahrheit an. Wir selbst hindern uns daran, so zu leben, wie wir es wünschen.